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2024-11-18 | 1 |
Andreas Noeske |
Wanderfalke ssp. calidus? - Ergänzung
Vorwort zum Copyright Erlaubnis zur Nutzung der Fotos von Matthias Lehmann: „Moin Andreas, … Vogel digiskopiert, ...nur Handy- und keine Kameraqualität. … Hiermit hast du auch die Erlaubnis, die Fotos zu nutzen und zu verändern. … Viele Grüße Matthias“ E-Mail vom Do., 14. Nov. 2024 um 12:44 Erlaubnis zur Nutzung der Daten von Ivan Pokrovsky in movebank: „Dear Andreas, I have asked the main author of this data set, Ivan Pokrovsky. He agrees that you can use the figure. Please properly cite the original source. With kind regards, Andrea“ E-Mail Sa., 16. Nov. 2024 um 11:45 von Dr. Andrea Kölzsch, MoveApps coordinator, Max Planck Institute of Animal Behavior, siehe hierzu auch: www.movebank.org/cms/movebank-content/about-movebank#contacts Angeregt durch die vorherigen Beiträge möchte ich hier einige Aspekte kommentieren und ergänzende Informationen liefern. Dazu habe ich die Fotos von Matthias bearbeitet und verändert und Daten von Movebank eingefügt: www.movebank.org/cms/webapp?gwt_fragment=page%3Dstudies%2Cpath%3Dstudy103426553%2Bindividual Tonwertkorrektur Die drei im Beitrag von Matthias gezeigten Fotos sind komplett unbearbeitete Ausschnitte der Originale. Beispielhaft ist hier das Tonwert-Histogramm in Abb.1 dargestellt. Es wurde keine Tonwertkorrektur durchgeführt, die Tonwertspreizung ist nicht voll ausgereizt und die Kurve nach rechts verschoben. Das Bild ist insgesamt zu hell und „flach“. Eine realistischere Version erhält man durch die Tonwertkorrektur über die Kanäle Rot, Grün und Blau, die zu dem Ergebnis in Abb.2 führt. Die Tonwertspreizung reicht über den gesamten Bereich, das Bild ist kontrastreicher und farblich realistischer. Scheitelfärbung Ein korrekte Farbbeurteilung anhand unbearbeiteter Originale kann schwierig sein, wenn es auf Nuancen ankommt und diese lediglich nach persönlicher Farbwahrnehmung beschrieben werden. Andreas Buchheim (zitiert nach Martin Gottschling) schränkt deshalb seinen Hinweis „wenn kein Artefakt, dann Scheitel mit Rotstich“ vorsichtshalber gleich selbst ein. Den besten Eindruck über die dominanten Farben erhält man mit Photoshop durch die Arbeitsschritte >Farbton/Sättigung >Standard >Sättigung +100. Diese Einstellung zeigt in Abb.3, dass Blau der dominante Farbton im Gefieder dieses Falken ist und Rot in der unbearbeiteten Club300-Version des Originals gar nicht vorkommt. Auch eine Detailanalyse der Scheitelfärbung im originalen Club300-Foto (Abb.4) mit dem Photoshop-Farbwähler bestätigt, dass dort keine Rot- und Brauntöne vorkommen, sondern nur Blautöne, die stellenweise knapp in die Bereiche Magenta und Cyan reichen. Im Farbspektrum rechts sind die dominanten Farben des Scheitels weiß umrandet. Eine auf einem angeblichen Rotstich in der Scheitelfärbung basierende Idee, dass es sich auch um einen Hybriden Lannerfalke x Wanderfalke handeln könnte, ist nicht zu halten. Abb.5 zeigt die hinter den Grautönen innerhalb der schwarzen Kreise tatsächlich „verborgenen“ Farben nach der Tonwertkorrektur. Die Färbung des Scheitels kommt dem Farbton der alten, abgenutzten äußeren Handschwingen sehr nahe. Die gräulich-schwach bräunliche Färbung des Scheitels würde ich mir daher im Augenblick so erklären, dass auch diese Federn schon älter, abgenutzt und ausgeblichen sind. Die Einstellung >Sättigung +100 (Abb.6) mit Photoshop ändert zwar an dem dominanten Blauton des Gefieders nichts, hebt aber die abgenutzten äußeren Handschwingen deutlich hervor ebenso wie andere Gefiederpartien mit ähnlichem Abnutzungsgrad. Dies sind der Scheitel, äußere Schwanzfeder und Schirmfeder(?). Nach dieser Bearbeitung ergibt sich durch die Scheitelfärbung kein Hinweis auf einen Lannerfalken-Einfluss. Die Federn sind einfach nur alt. Unterseite „Bauchzentrum scheint ungesperbert, Brust mit Flecken“ (Andreas Buchheim, zitiert nach Martin Gottschling). In Abb.7 ist die Unterseite zu erkennen, die in der gesamten Mitte ungezeichnet zu sein scheint. Hierzu sind diese Fotos aufschlussreich: macaulaylibrary.org/asset/624995549 macaulaylibrary.org/asset/625071410 macaulaylibrary.org/asset/613676438 macaulaylibrary.org/asset/613275663 macaulaylibrary.org/asset/612296036 macaulaylibrary.org/asset/609529340 macaulaylibrary.org/asset/540991821 Dies ist nur eine kleine Auswahl der 1.607 Fotos, die unter „Peregrine Falcon (Tundra) - Falco peregrinus calidus/tundrius“ auf ebird abgespeichert sind. Immerhin zeigen diese Fotos ganz deutlich, dass man keine Hybridheorie braucht, um die von mitteleuropäischen Brutvögeln abweichende Unterseitenzeichnung zu erklären. Offensichtlich scheint eine spärlichere Zeichnung mit einer höheren Anzahl von Flecken statt Bändern zur normalen Variation von arktischen Wanderfalken zu gehören. Weitere Suche über media.ebird.org/catalog?taxonCode=tupfal1 Fazit Bei Matthias Vogel handelt es sich um einen astreinen Wanderfalken ohne Hintertür und bitteren Nachgeschmack. Die gesamte Merkmalskombination spricht für einen calidus-Typ. Alles, was einem komisch vorkommen könnte, lässt sich mit „adulter calidus“ transparent und nachvollziehbar begründen. Dieser Vogel gehört damit zu den besten adulten calidus-Kandidaten, die jemals in Deutschland fotografisch dokumentiert wurden. Ansätze für eine Hybrditheorie sind abwegig. Trotzdem will ich der Vollständigkeit halber die Befürworter einer Hybridtheorie Lannerfalke x Wanderfalke auf diese Fotos aufmerksam machen: www.alamy.de/stockfoto-peri-lanner-falcon-peregrinelanner-falcon-mischling-23476909.html www.alamy.de/wanderfalke-x-lanner-falcon-image369568199.html Als unglücklicher Umstand bei der Bestimmung von calidus-Vögeln kommt hinzu, dass es wohl kaum einen deutschen Birder gibt, der die arktischen calidus/tundrius-Wanderfalken in ihrer Variationsbreite kennt. Dazu passt auch, dass nach Durchsicht der ornitho-Fotogalerie kaum Fotos von adulten calidus in Deutschland gelingen bzw. veröffentlicht werden oder erkannt werden (siehe hierzu Kommentar zu dem calidus-Kandidaten von Harald Mix im Gallery-Forum). Im Zeitraum 2003-2024 habe ich bei ornitho diese sieben Beobachtungen von adulten Wanderfalken gefunden, die als calidus abgespeichert wurden und von denen ich die ersten sechs ohne Kommentar zur Kenntisnahme gebe: www.ornitho.de/index.php?m_id=54&mid=218242 www.ornitho.de/index.php?m_id=54&mid=424514 www.ornitho.de/index.php?m_id=54&mid=446889 www.ornitho.de/index.php?m_id=54&mid=526262 www.ornitho.de/index.php?m_id=54&mid=696980 www.ornitho.de/index.php?m_id=54&mid=977184 Die siebente Beobachtung ist der hier diskutierte Vogel: www.ornitho.de/index.php?m_id=54&id=95415062 Dazu kommt der von Harald Mix fotografierte Vogel in der Club300-Gallery. Weitere Fotos findet man in der bereits von Alexander Stöhr zitierten Arbeit von Peter Wegner & Gerhard Kersting: www.ogbw.de/images/ogbw/files/orn_jh/32/32_08_Wegner.pdf Wenig hilfreich ist bei dem calidus-Thema in einem deutschen Beobachtungskontext leider die Tatsache, dass aufgrund der föderalen Struktur „jeder macht, was er will“. Nach meiner Auswertung der Meldelisten der Avifaunistischen Kommssionen in Deutschland (Tabelle Abb.8 und 9) werden von zwei Drittel gar keine Daten zu calidus gesammelt. Lediglich die AKBW in Baden-Württemberg fordert einen Fotobeleg für die Bearbeitung! Bei fehlerhaften Angaben in der Tabelle und eventuell inzwischen aktualisierten Meldelisten bitte ich hier um Richtigstellung. Den calidus-Status in Deutschland schätze ich so ein, dass es sich um einen regelmäßigen Durchzügler (eventuell Wintergast?) handelt, der alljährlich in kleiner bis kleinster Zahl auftritt. Eine vorläufige und eventuell nicht ganz vollständige Auswertung der ornitho-Galerie ergab, dass es seit Bestehen 2011 bis 2023 etwa 98 Einträge gibt inklusive eines mehrfach gemeldeten, besenderten calidus und zwei weiteren als Wanderfalken gespeicherten Vögeln, die ich vorläufig calidus zugeordnet habe. Die Durchschnitte (nicht Median, wie bei der DAK als Grundlage genommen) der jährlichen ornitho-Meldungen mit Fotos für die relevanten Zeiträume sehen so aus: 2011-2023: 98/14 = 7 (eigene Auswertung) 2011-2020: 72/10 = 7,2 (Streichung von DAK-Meldeliste bei Median mind. 8 Nachweise) 2016-2020: 44/5 = 8,8 (Streichung von DAK-Meldeliste bei Median mind. 10 Nachweise) www.dda-web.de/downloads/publications/statusreports/svid_2021_meldeliste_ab_2023.pdf Somit sind auch die offiziellen Kriterien erfüllt, dass calidus-Beobachtungen von einer Seltenkeitenkommission bearbeitet werden, auch wenn's schwierig ist. Andreas Noeske, Bremen [bearbeitet 2024-12-29] |
