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Blässgans
Greater White-fronted Goose
Anser albifrons

Nordrhein-Westfalen, 01-2015
© Detlef Gruber


Fotoserie anzeigen



2015-01-06   1
Detlef Gruber Foto: Blässgans von Detlef Gruber
Hallo Steffen,

einen Familienverband bzw. eine Familienzugehörigkeit dieser Gans konnte ich leider nicht erkennen.
Meine Vermutung, dass es sich bei dieser und den meisten anderen gelbschnäbligen Blässgänsen in Deutschland nicht um Flavirostris handelt resultiert aus den Feldkennzeichen und dem relativ regelmäßigen Auftreten dieser Variante / Mutante (?).

Ich beobachte jedes Winterhalbjahr viele Gänse und würde den Anteil auf ca. 1-2 Gelbschnäblige unter ca. 100.000 normalen Blässgänsen schätzen. Ich finde jeden Winter solche Vögel und die Häufigkeit entspricht für mich (persönlich) in etwa der von mir selbst gefundenen Zwerg- oder Rothalsgänse. Deshalb kann ich mir nicht vorstellen, dass es Grönländische Flavirostris sind. Möglicherweise ist diese Annahme jedoch falsch.

Siehe weitere Individuen und Fotos von mir in Club 300 (Steinhude, Niedersachsen, 23-02-2014):

www.club300.de/photo/blaessgans_272800.jpg
www.club300.de/photo/blaessgans_272815.jpg

Eine ähnliche Situation in den Niederlanden, wo sich zzt. auch solche fraglichen Gänse aufhalten:

waarneming.nl/soort/photos/775?from=1980-01-01&to=2015-01-06&sex=&id_kleed=0&os=1&id_akt=0&licentie=0&only_rated=0&only_approved=0&type_foto=0&maand=0&page=1

Oder diverse Individuen aus Deutschland:

www.ornitho.de/index.php?m_id=54&mid=129860

Ich sah dieses Ind. am Folgetag zusammen mit weiteren Beobachtern.

Dazu fügte Christoph Moning dann folgenden Kommentar von Helmut Kruckenberg ein:
Zitatanfang: >"Zur Grönland-Blässgans: ich hab da einen sehr versierten dänisch-schottischen Kollegen, der seit rund 40 Jahren Forschung an Grönland-Blässgänsen in Irland und Schottland macht. Er hat bislang in all den Gänsen (auch denen die die Seltenheitskomission akzeptiert hat) keine Grönländer erkennen können. Blässgänse sind in ihren Erscheinungsbildern recht vielgestaltig, das schließt sogar die Schnabelfarbe und die Beinfarbe ein. Größe ist bei Gänsen zumeist wenig aussagekräftig: so konnte Loonen auf Spitzbergen nachweisen, dass die Körpergröße maßgeblich von der Ernährungssituation der Küken abhängt. Also: schlechtes Jahr, kleine Küken, gutes Jahr, große Küken. Besonders "bitter": Körpergröße hat erheblichen Einfluss auf die soziale Dominanz.
Wer also in einem schlechten Jahr geboren wurde, bleibt Looser ein Leben lang. Zugegeben nicht unser Gesellschaftsmodell."< Zitatende

www.ornitho.de/index.php?m_id=54&mid=124229

www.ornitho.de/index.php?m_id=54&mid=93762

Ich würde nur wenn sich auch die Gefieder- & Schwanzzeichnung, sowie Schnabelform & -länge auffällig von Blässgänsen unterscheidet auf Flavirostris schließen, was bei allen hier verlinkten Gänsen m. E. nicht der Fall ist.

Viele Grüße!
Detlef


2015-01-08   2
Detlef Gruber Foto: Blässgans von Detlef Gruber
Moin

Hier zur Ergänzung noch zwei weitere Fotos und Kommentar des Melders Volker Kelleter in Ornitho (@ Patrick, besten Dank für den Hinweis!)

www.ornitho.de/index.php?m_id=54&backlink=skip&mid=131970
www.ornitho.de/index.php?m_id=54&backlink=skip&mid=131971

Volker Kelleter schrieb: „darunter ein möglicher Hybrid Bläß x Saatgans, solche Hybriden kommen relativ häufig vor und werden dann als grönländische Unterart der Bläßgans fehlbestimmt ich konnte leider nur 5 schlechte Fotos machen, dann flog der Trupp ab“ Zitatende

Der hier zitierte Beobachtungsort vom 21.12.2014 im Kreis Kleve liegt nur ca. 15 km entfernt zu der wenige Tage später von mir fotografierten gelbschnäbeligen Blässgans. Ich kann anhand der Fotos jedoch nicht zweifelsfrei erkennen, ob es dasselbe Individuum betrifft.

Falls ja, so glaube ich nicht, dass es sich um einen Hybriden Bläss- x Saatgans handelt.

Viele Grüße!
Detlef


2015-01-08   3
Martin Gottschling Foto: Blässgans von Detlef Gruber
Ich kann zwar nicht bestätigen, dass ich nicht-rosaschnäblige Blässgänse regelmäßig sehe, eigentlich hab ich bewusst noch nie eine gesehen, aber ich stimme dem zu, dass mich viele (alle?) gemeldeten Grönländ. Blässgänse wenig bis gar nicht überzeugen bzw. bei manchen Individuen weis ich es auch einfach nicht was das ist. Vielleicht ist diese Hybridtheorie aus Bläss x Saat zumindest in einigen Fällen eine Erklärung (wurde auch früher bereits als mögliche Erklärung gehandelt)!?

Umso mehr ist meine Einschätzung, dass echte Grönländer, wenn sie denn auftauchen, ein wirklicher Mega sind, so wie die für mich einzige überzeugende deutsche Beobachtung der ganzen letzten Jahre:
www.club300.de/gallery/photo.php?id=22982

Aus Holland gibt es immerhin eine Beobachtung farbmarkierter Grönländer, also dass sie hier gar nicht auftauchen, stimmt somit auch nicht ...

Beste Grüße, MG


2015-01-09   4
Detlef Gruber Foto: Blässgans von Detlef Gruber
Moin,

ganz offensichtlich gibt es einen (seltenen?) Austausch einzelner Individuen zwischen den jeweiligen Populationen (albifrons – flavirostris) nicht nur in Mitteleuropa sondern auch in Nordwesteuropa.

Es wurden sowohl in Island als auch auf den Färöern Blässgänse fotografiert, die entweder abweichende Flavirostris mit pinkfarbenen Schnäbeln sind, oder einzelne Albifrons, die sich den Flavirostris angeschlossen haben (also entsprechend umgekehrt zu unserer Situation in Mitteleuropa).

Interessant ist z. Bsp. die Gans am rechten Bildrand,

birdingfaroes.files.wordpress.com/2012/04/blisg-a1.jpg

hierbei könnte es sich um eine abweichend gefärbte Flavirostris handeln (@ Bastian, besten Dank für den Bildhinweis!)

Ein weiteres Individuum scheint jedoch tatsächlich eine Albifrons zu zeigen.

birdingfaroes.files.wordpress.com/2013/09/greater-white-fronted-goose-a2.jpg

Silas Olofson schrieb dazu: “Yesterday I found a Greater White-fronted Goose ssp. albifrons at Skálabotn. There are ten previous records involving 73 individuals, so it is a quite good bird after all, but probably overlooked.”

birdingfaroes.wordpress.com/2013/09/12/slow-birding-slow/

Im Falle von Island könnten es aber auch Blässgänse aus Nordamerika sein:

www.netfugl.dk/pictures.php?id=showpicture&picture_id=5168

Viele Grüße
Detlef

[bearbeitet 2015-01-09]


2015-01-10   5
Jörn Lehmhus Foto: Blässgans von Detlef Gruber
Etwas theoretisiert:
Hybriden zwischen Blessgänsen und Saatgänsen gibt es selten, aber eben immer wieder (bzw zumindest Tiere die nach äußeren Merkmalen wie Hybriden wirken). Da nach DNA die Gruppe der Saatgänse, Kurzschnabelgans, Zwerg-und Blessgans innerhalb der Gattung Anser nächstverwandte Arten zu sein scheinen, ist das auch nicht besonders überraschend. Da selbst Hybriden zwischen einander deutlich ferner stehenden Anser-Arten fertil sind (z.B. Graugans x Schwanengans, Graugans x Streifengans, Schneegans x Schwanengans), würde ich davon ausgehen , dass die Fruchbarkeit von Blessgans/Saatgans-Hybriden nicht eingeschränkt ist-also Rückkreuzungen mit den Elternarten möglich sind und somit ein gewisser Genfluss zwischen den Populationen auftreten kann (und wahrscheinlich auch wird).
Ebenso gibt es relativ selten Blessgänse (und Saatgänse) mit der jeweils anderen hellen Schnabelfärbung als Überwinterungsgäste in Mitteleuropa, also orangeschnäblige Blessgänse und Saatgänse mit rosa anstelle orange auf den hellen Schnabelbereichen.
Wenn aber ein gewisser Genflus zwischen den Populationen auftritt, werden in jeder Population (sowohl bei den Saat als auch bei den Blessgänsen) zu einem sehr geringen Prozentsatz die Allele für die jeweils andere Schnabelgrundfarbe vorliegen. D.h. die Tiere mit abweichenden Schnabelfärbungen tragen einfach das seltene Allel, das ursprünglich durch Einkreuzung der anderen Art in die Population gekommen ist.

Natürlich muss das nicht für jeden einzelnen Fall zutreffen, wäre aber evtl eine Erklärung für das regelmäßige Auftreten der "anderen" Schnabelfarbe in einer geringen Frequenz?


2015-01-18   6
Detlef Gruber Foto: Blässgans von Detlef Gruber
Martin Reid, Texas/USA schrieb mir zu der am Dümmer beobachteten Flavirostris:

“FYI here in Texas we get lots of GWFG in the winter, and it is normal for juveniles (such as your bird) to have a strong orange tone to the bill. So for us, bill color on juvs is not reliable for allocating ssp - but I will say that typically on our juvs the base of the bill is less orange - more with a tinge of peach. I notice on this bird that the head seems darker than the other GWFGs - good for flavirostris, but again for us in Texas some birds seem to have darker heads. I feel that in Texas we get a large percentage of the taiga-breeding birds from central Alaska eastwards to central Canada, plus a small portion of tundra-breeding frontalis from western Alaska. BTW from the photos, the white flank line does not look any thinner than on the other geese - ? I mention all this because taiga-breeding North American birds could occur as vagrants in Europe. Things may be easier in Europe, but here in Texas we struggle with GWFG ssp. identity!”

Interessant, dass es diese Bestimmungsschwierigkeiten in Nordamerika also auch gibt!!!

Ich habe Martin daraufhin geantwortet, dass die Flavirostris vom Dümmer darüber hinaus auch strukturelle- und Gefiederunterschiede zeigte.
Dies beides konnte ich bei meiner zu kurzen Beobachtung am Niederrhein leider nicht feststellen. Dennoch könnte es sich auch hierbei um eine Flavirostris gehandelt haben.

Vielleicht haben die wochenlangen Stürme für einen kleinen Einflug gesorgt. Auf jeden Fall sollte man jetzt sehr intensiv Blässgänse beobachten, vielleicht werden noch mehr Flavirostris gefunden!

Viele Grüße
Detlef